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Düsseldorf, 26. November 2020. Vom Kölner Gürzenich ins World Wide Web: An der 60. Großen Fortbildung der Apothekerkammer Nordrhein nahmen gestern Abend mehr als eintausend Apothekerinnen und Apotheker teil. Bei der Online-Konferenz verfolgten sie drei Vorträge und eine spannende Podiumsdiskussion zu E-Rezept und Digitalisierung im Gesundheitswesen – entweder zu Hause oder auch als Teamfortbildung in der Apotheke.
In ihrer herzlichen und motivierenden Begrüßung appellierte Vizepräsidentin Kathrin Luboldt an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Digitalisierung als Chance zu verstehen, die man als Berufsstand gemeinsam ergreifen müsse. Sie stellte die Bedeutung der Vor-Ort Apotheke heraus, indem sie den Kollegen einerseits für den großartigen Beitrag dankte, den sie in der Krise geleistet hätten (und noch leisten), und andererseits darauf verwies, dass die Apotheke vor Ort auch künftig die wichtige Aufgabe habe, durch die persönliche Beratung die Patientensicherheit zu bewahren.
Im Anschluss führte die Vorsitzende des Fortbildungsausschusses, Dr. Katja Renner, durch den Abend. Marc Kriesten, Stellvertretender Vorsitzender des Digitalisierungsausschusses und Apothekeninhaber zweier Apotheken in Dinslaken, eröffnete mit dem Thema „Das E-Rezept“ den Vortragsreigen. Digitale Technologien im Gesundheitswesen zielen auf eine bessere Versorgungsqualität des Patienten ab. Ein Teilaspekt ist das E-Rezept, dass zum 1. Januar 2022 verpflichtend für alle Leistungserbringer zu nutzen ist. Bis Mitte kommenden Jahres müssen dafür die Spezifikationen und Zulassungsbedingungen zur Einführung des E-Rezeptes erstellt sein. Ebenso müssen im kommenden Jahr der Rahmenvertrag und Refinanzierungsvereinbarungen mit der GKV ausgehandelt werden. Für die Apotheken wird als ein Vorteil ein Rückgang an Retaxationen gesehen, da vom Ausstellen bis zum Abrechnen kein Medienbruch stattfindet. Ein bisher noch nicht vollständig gelöstes Problem ist der Zugriff des Patienten auf das Rezept. Denn für die Authentifizierung über NFC benötigen die Patienten entweder eine entsprechend ausgestattete elektronische Gesundheitskarte, die jedoch derzeit nur weniger als jeder zehnte Versicherte besitzt, oder ein geeignetes Smartphone. Auch über ein solch modernes Gerät verfügt nur ein Teil der Versicherten. Deshalb setzt die Apothekerschaft als Lösung auf die Funktion „Teilen“ und Barcode-Rezepte.
Was bedeutet der digitale Switch und E-Health für den Patienten? Diese Frage beantwortete Sabine Wolter von der Verbraucherzentrale NRW. Deutschland habe in Sachen Digitalisierung im Vergleich mit den europäischen Nachbarn Aufholbedarf. Ab 2022 werden Patienten kein „rosa“ Rezept in Papierform mehr in Händen halten. Dies wird für viele die erste konkrete Erfahrung mit E-Health sein, denn bislang hat der Chip auf der Versichertenkarte noch zu keiner für den Versicherten spürbaren Veränderung im Versorgungsalltag geführt. Bedenken und Verunsicherung im Zusammenhang mit den Gesundheitsdaten müssen bei den Verbrauchern durch apothekerliche Aufklärung in den Vorort-Apotheken ausgeräumt werden, denn im Hinblick auf Arzneimitteltherapiesicherheit und Versorgungssicherheit wird das E-Rezept für den Patienten viele Vorteile mit sich bringen. Wesentlich für die Umsetzung ist das Zuweisungs- und Makelverbot, forderte die Verbraucherschützerin, damit die Patientensouveränität gesichert bleibt: die freie Apothekenwahl. Hier hakte auch die Vorsitzende des Fortbildungsausschusses, Dr. Katja Renner, ein und schlug eine zukünftige Intensivierung der Zusammenarbeit von Apothekern und Patientenvertretern vor.
Dr. Rob Neeter von Careanimations aus den Niederlanden zeigte, welche Möglichkeiten zur Förderung der Adhärenz eine App bietet. Bei unseren Nachbarn schon im Einsatz, sind Apps aus der Apotheke zur Patientenbindung in Deutschland bislang kaum verbreitet. Da nach Daten des niederländischen Gesundheitsamtes aus 2016 rund 30 bis 40 Prozent aller Arzneimittel falsch oder gar nicht angewendet werden und als Ursachen sehr oft eine unzureichende Gesundheitsbefähigung oder Sprachprobleme identifiziert wurden, kann mit der WATCH-App, die arzneimittelspezifische Informationen mit Piktogrammen und Animationen für jeden Patienten individuell bietet, die Adhärenz gesteigert werden. Eine animierte Erläuterung der Gebrauchsinformation zur Anwendung erleichtert dem Patienten jederzeit zu Hause das Erinnern und verfestigt somit die Beratungsinhalte. Dr. Neeter stellte zudem das mit 100 ATHINA-Apotheken aus Nordrhein, Berlin und Baden-Württemberg in 2021 startende Pilotprogramm zur Einführung von WATCH vor. Er warb dafür persönliche Beratung in den Vorort-Apotheken mit digitalen Anwendungen zu verknüpfen, um einen pharmazeutischen Mehrwert für den Patienten zu schaffen. So können sich auch deutsche Apotheken digital aufstellen und mit Versandapotheken erfolgreich konkurrieren und Kunden binden.
In der Podiumsdiskussion, an der neben den bereits genannten Referenten auch die stellvertretende Geschäftsführerin und Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking, und der Vorsitzende des Digitalisierungsausschusses, Klaus Mellis, teilnahmen, wurden die von den Teilnehmern zahlreich per Chat gestellten Fragen diskutiert. Hier spielten vor allem auch die rechtlichen Rahmenbedingungen eine Rolle, hier vor allem die Belastbarkeit des Makelverbots, das im Patientendatenschutzgesetz verankert ist.
Am Ende zog Katja Renner das Fazit: Wir haben doch auch mit dieser Pandemie gelernt: Veränderungen passieren, wir müssen ihnen begegnen, uns anpassen und freuen, wenn wir sie bewältigen. So wie diese erste große Fortbildung erfolgreich digital stattgefunden hat.
Zum Abschluss wurde mit den Kammer-Cocktails auf den 60. Geburtstag der Großen Fortbildung angestoßen. Drei Rezepte standen zur Auswahl: Mango-Colada, Jasmin-Tonic und ein Pfirsich-Cocktail mit Cranberrys und Rosmarin.
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